Fürs Denkzeichen fehlt es an Unterstützung
Initiative Güterbahnhof beklagt mangelndes Interesse vieler Kommunen am geplanten Mahnmal
Im vorigen Jahr hoffte die Initiative Güterbahnhof bei ihrem Gedenken an die deportierten Juden und Sinti, in diesem Jahr Gleiches vor einem Mahnmal tun zu können. Daraus wurde bisher nichts, zeigte sich Christoph Jetter von der Initiative tief enttäuscht.

Detlef Sundermann

Darmstadt· 29. September · Bismarckstraße und Kirschenallee teilen die Ecke ab, an der das Denkzeichen der Initiative seinen Platz finden soll, inmitten von tosenden Verkehr, inmitten eines hässlichen Industriegebietes an der mit Kopfsteinpflaster versehenden Zufahrt zum Güterbahnhof. Kein idealer Ort für ein Gedenken, das zeigte sich am Sonntagmittag als der Verkehrslärm die Stimmen der Redner und der Musikanten zeitweise übertönt.

An dieser nicht repräsentablen Stelle mit einem Schnellimbiss im Rücken soll gleichwohl die Installation von Ritula Fränkel und Nikolas Morris hin, die aus einem Prellbock und einem Panzerglascontainer besteht, der mit Glasscherben gefüllt ist, die die Namen der Deportierten tragen. Denn an diesem Platz trieb die Geheime Staatspolizei (Gestapo) von 1942 an rund 3000 Juden, Sinti und Roma unter Stockschlägen in aller Tagesfrühe vorbei, um sie in Güterwagen zu pferchen und in Todeslager zu transportieren, erinnerte Peter Schmidt. Dieses Prozedere sei so oft wiederholt worden, bis die örtliche Gestapo-Leitung 1943 nach Berlin vermelden konnte, dass die Stadt judenfrei sei, sagte das Initiativen-Mitglied. Einmal hätten die Nazis Waggons mit Nähmaschinen angehangen, um die Verschickung zu einem Arbeitsdienst vorzutäuschen. Die Darmstädter Täter, so betonte Schmidt, seien nach dem Krieg nicht oder nur gering bestraft worden. Andere Mitglieder der Initiative versuchten mit den bedrückenden Erzählungen von Einzelschicksalen dem Geschehnissen von 1942 bis 1943 ein Gesicht zu geben.

Bedrückend und beschämend nannte Christoph Jetter das "faktische Desinteresse vieler Kommunen", in denen Deportierte einstmals lebten. Für einen Spendenaufruf schrieb die Initiative Güterbahnhof im April 50 Kommunen und Kreise an. Das Ergebnis: "Drei Gemeinden und ein Landkreis haben eine bescheidene Spende überwiesen." Fünf Kommunen hätt "mit zum Teil erstaunlichen Begründungen ausdrücklich abgesagt, alle anderen bislang nichts von sich hören gelassen. Jetter erklärte, in dem Brief sei deutlich gemacht worden, dass es nicht um eine Gedenkstätte für Darmstädter Juden geht, "sondern um die Erinnerung an die Deportierten aus Gemeinden des ehemaligen Volksstaats Hessen".

Laut Christoph Jetter sind für die Finanzierung des rund 70 000 Euro teuren Mahnmals Einzelspenden von 500 bis 1000 Euro erforderlich. Die initiative habe bereits einen Grundstock von mehr als 25 Prozent gesammelt. "Wir sind immer noch der Überzeugung", sagteJetter, dass dieser Beitrag "mehr als bescheiden ausfällt imVerhältnis zu unserer Verpflichtung, an die Opfer der Mordorgie des Holocaust öffentlich zu erinnern".

In diesem Sinn hofft Jetter auf ein positives Signal der Stadt Darmstadt die Verkehrssicherungspflicht, also die Haftung für das Areal in der Größe eines halben Tennisplatzes , zu übernehmen. Ohne dieses Zugeständnis könne der Vertrag mit der Deutschen Bahn, der das Gelände gehört, nicht unterzeichnet werden.