Prellbock als Symbol für das Ende des Grauens
Erinnerung: Gedenkveranstaltung für deportierte Juden und Sinti am Güterbahnhof

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Mehr als 2000 Menschen deportierten die Nationalsozialisten von Darmstadt aus in Konzentrationslager. Dies bleibt für viele unvergessen. Zur Erinnerung luden die „Initiative für ein Denkzeichen“, die „Arbeitsgemeinschaft Geschichte vor Ort Darmstadt“ sowie die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit zu einer Gedenkveranstaltung an den Güterbahnhof.

„Damals spielte sich eine Mordorgie ab, die von den örtlichen Kommunen und Behörden mitorganisiert wurde“, sagte Christoph Jetter von der Initiative. Jetter sprach den Stand der Dinge bezüglich des geplanten Mahnmals an. Der Platz steht schon fest: Die Deutsche Bahn hat ein Stück ihres Geländes dafür zur Verfügung gestellt. Zu klären ist noch der endgültige Aufbau noch mit der Stadt, wobei es um die Frage der Haftung bei eventuellen Unfällen geht.

1941/42 war der Faschismus auf dem Höhepunkt seiner Macht. In der „Wannsee-Konferenz“ besprachen die Nationalsozialisten die „Endlösung der Judenfrage“. An deren Umsetzung war auch die Gestapo Darmstadt beteiligt. Dem Massenmord ging eine Ausplünderung voraus. Die Transporte in die Konzentrationslager tarnten die Nationalsozialisten als „Umsiedlung“. Im Jahre 1943 meldete der örtliche Leiter der Gestapo Vollzug – das hieß, Darmstadt sei „judenrein“.

Die Namen der deportierten Juden sind bekannt, da von ihnen Listen existierten. Nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reiches“ hatten sich die Verantwortlichen nur eingeschränkt zu verantworten. Ein Opfer der Nazis war Heinrich Fulda, vier Jahre lang Gerichtsassessor im hessischen Dienst. Er sah sich jedoch gezwungen, Rechtsanwalt zu werden, da er laut Erklärung des damaligen Staatsministers Jakob Finger keine Chance hatte, im Staatsdienst angestellt zu werden.

Fulda war Sohn eines wohlhabenden Wormser Juden. Am 20. Dezember 1892 erwirkte Heinrich Fulda die Zulassung am Landgericht Darmstadt. Mit der Machtübernahme der Nazis im Jahre 1933 begann auch für Fulda eine Leidenszeit. Bis 1939 wurde er in den Darmstädter Adressbüchern noch als Innenminister a. D. geführt, danach fehlte die Bezeichnung. Der über Achtzigjährige wurde nach Auschwitz deportiert und starb dort am 1. Juni 1943.

Über die konkreten Umstände bei der Deportation der Darmstädter Sinti wissen die Mitglieder des „Denkzeichens Güterbahnhof“ nur, was die wenigen Überlebenden berichteten, die nach Darmstadt zurückkehrten. Von ihrem Schicksal spricht auch Elfriede Gruber, die im Jahre 1942 Abitur machte. „Ich brauchte 50 Jahre, um zu wissen, was passiert ist“, sagt die alte Dame.

Das Modell für das geplante Denkzeichen Güterbahnhof konnten bei der Gedenkveranstaltung besichtigt werden: An dem einen Ende zweier Schienenstränge, die mit Schotter ausgefüllt sind, steht ein verrosteter Prellbock. An dem anderen Ende steht ein Panzerglaskasten mit Glasscherben. Die Scherben symbolisieren den Gewaltakt, der Prellbock markiert das Ende des Grauens. Das Gleis mit Schotter soll Bewegung darstellen, während die Panzerglashülle die Spuren der Zerstörung in der Erinnerung der Betrachter bewahren soll.

gil